(Über) Kassandra


Weil der Gott Apoll die Liebe der Kassandra für sich gewinnen wollte, ging er mit diesen Worten zu ihr: „Wunderschöne Jungfrau, willst du mit mir kommen? Ich werde dir ein großes Geschenk geben. Du wirst alle zukünftigen Dinge sehen können!“ Dieses Geschenk gefiel Kassandra. Wer nämlich will nicht die zukünftigen Dinge (= die Zukunft) wissen? Daher täuschte sie zuerst wahre Liebe vor. Dann aber, nachdem sie vom Gott das versprochene Geschenk empfangen hatte, wollte sie dem Gott die erhofften Freuden nicht bieten. Groß war der Zorn Apolls. Weil er aber das, was er versprochen hatte, nicht zurückrufen konnte, sagte er: „Du wirst zwar das Wissen um die Zukunft haben, aber es wird dir nicht viel nützen (wörtl: es wird dir nicht von großem Nutzen sein). Obwohl du immer die Wahrheit sagen wirst, werden die Menschen dennoch deinen Worten niemals glauben.“

Von da an ignorierten die Trojaner die Worte der Kassandra.

Nachdem Helena von Paris geraubt und in seine Heimat geführt worden war, mahnte Kassandra: „ Diese Frau wird für uns eine große Gefahr sein! Ich sehe nämlich unsere Stadt brennen.“ Aber sie konnte die Trojaner nicht überreden.

Zehn Jahre später, als die Trojaner jenes hölzerne Pferd in die Stadt zogen, schwieg Kassandra wieder nicht: „Zieht das Pferd nicht in die Stadt!“, rief sie, „das Pferd bringt unseren Untergang mit sich. In dieser Nacht werden wir alle untergehen!“

Wieder wurde deren Stimme von den Trojanern ignoriert. Kassandra aber irrte sich nicht: Troja wurde von den Griechen angezündet und die meisten der Trojaner (wurden) getötet. Kassandra selbst wurde aus dem Tempel der Minerva, wo sie mit erhobenen Händen um Hilfe betete, geraubt und vergewaltigt. Dann wurde sie als Sklavin Agamemnons nach Griechenland geführt.

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